Elbit Systems Deutschland

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Portrait Thomas Nützel, Geschäftsführer, Elbit Systems Deutschland

Gespräch mit Thomas Nützel, Geschäftsführer, Elbit Systems Deutschland

Drohnenfokus – Unbemannte Systeme für die Bundeswehr

Der Bedarf für unbemannte Luftfahrzeugsysteme – Drohnen oder UAVs (Unmanned Aerial Vehicles) – für den militärischen Bedarf steigt kontinuierlich. Sie stellen eine Ergänzung des Fähigkeitsmixes der Bundeswehr dar. Wenn der Name Elbit Systems Deutschland fällt, dann kann sich der militärische Kunde sicher sein: Als Systemhaus für leistungsfähige Drohnensysteme hat sich das in Ulm ansässige Unternehmen als Partner der Streitkräfte einen Namen gemacht. Am Standort Ulm verfügt Elbit Systems Deutschland über ein solides Fundament, um Entwicklung und Fertigung von fortschrittlichen Technologien weiter voranzutreiben. Außerdem wird die Instandhaltung über den gesamten Produktlebenszyklus sicher zu stellen. Dank der hier eingebrachten Kompetenzen können neue Bedarfe adressiert und durch ein nachhaltiges Konzept der intensiven Zusammenarbeit begleitet werden.

wt sprach mit dem Geschäftsführer von Elbit Systems Deutschland, Thomas Nützel, über Systemlösungen. Nützel unterstreicht, dass Elbit Systems Deutschland sich nicht nur als Lieferant, sondern als Dienstleister und Unterstützer der Truppe versteht, die zu ihrer Sicherheit mit den besten marktverfügbaren Technologien ausgestattet werden muss. Das Gespräch mit Herrn Thomas Nützel führte Volker Schwichtenberg, CEO, Mönch Verlagsgesellschaft mbH.

wt:
Elbit Systems Deutschland versteht sich als Partner der Bundeswehr. Wie können wir uns das Unternehmen im zweiten Jahr der Coronakrise – und vielleicht auch im weiteren Verlauf der ersten Jahreshälfte 2022 – vorstellen?

Thomas Nützel:
Elbit Systems Deutschland ist, wie Sie richtig sagen, ein bewährter Partner der Bundeswehr. Mit einer starken Wertschöpfung durch eigene Entwicklung, Fertigung und Instandhaltung hier am Standort Ulm liegt der Schwerpunkt unserer Aktivitäten auf dem deutschen Markt. Wir verstehen uns als Systemhaus mit schlüsselfertigen Komplettlösungen, was sich in den kommenden Jahren dank eines erweiterten Produktportfolios noch weiter verstärken wird.

Ich möchte daran erinnern, dass Elbit Systems Deutschland aus TELEFUNKEN RACOMS hervorgegangen ist und von Kernkompetenzen profitiert, die über viele Jahre und Jahrzehnte auf die Belange der Bundeswehr maßgeschneidert wurden. Die heutigen Aktivitäten reichen aber längst über die ursprünglich adressierten Marktsegmente und das anfängliche Produktspektrum hinaus. Das Produktangebot und Knowhow erweitern wir in den vor uns liegenden Jahren kontinuierlich. Wir adressieren hierbei vor allem die zukünftig immer wichtiger werdenden Bereiche Cyber-Sicherheit, Sensoriken, Führungssysteme, Elektronische
Kampfführung und autonom agierende Plattformen – UAVs oder unbemannte Überwasserfahrzeuge (Unmanned Surface Vehicles; USVs) wie Seagull und Landfahrzeuge (Unmanned Ground Vehicles; UGVs) wie Probot und Iris. Ich möchte betonen, dass sich Elbit Systems Deutschland mit der konsequenten Fortführung der Aktivitäten in den stark nachgefragten Segmenten Elektrooptik, Funkkommunikation und Schutz den sich wandelnden Anforderungen der deutschen Streitkräfte und Sicherheitsbehörden nachhaltig gerecht werden wird. Das ist unser Auftrag.

wt:
Welche Bedeutung hat der Kunde Bundeswehr?

Thomas Nützel:
Die Bundeswehr befindet sich heute in einem Prozess der Reorientierung auf die Landes- und Bündnisverteidigung. Hierbei geht es darum, die ab der frühen 1990er Jahre verstärkt unternommenen Aktivitäten im Bereich der Krisenreaktion und -vorsorge durch Nato-ureigene Fähigkeiten und Kapazitäten zu ergänzen. Es gilt aber auch, solche Bedrohungen zu betrachten, die weiterhin von nichtstaatlichen Akteuren ausgehen. Das gesamte Aufgabenspektrum muss durch neueste Technologien und Fähigkeiten unterfüttert werden, um sicherstellen zu können, dass die Kräfte zu jeder Zeit und an jedem Ort mit hoher Durchsetzungsfähigkeit agieren und überlebensfähig sind. Unbemannte Luftfahrzeugsysteme gehören ohne Zweifel dazu.

Was uns jedoch in diesen Tagen beschäftig, ist die Tatsache, dass die Bundeswehr im Vorfeld von VJTF 2023 unter Druck steht. Über einen kleinen Zeitraum müssen viele Altsysteme ersetzt und neue Fähigkeiten und Kapazitäten geschaffen werden. Das wird sich auch auf die nächsten beiden Zielmarken – VJTF 2023 und VJTF 2031 – übertragen. Viele der seit den 1990er und 2000er Jahren genutzten Systeme und Plattformen weisen Obsoleszenzen auf und werden den zukünftigen Anforderungen nicht gerecht. Elbit Systems Deutschland unterstützt die Bundeswehr als kompetenter Systemlieferant, um mit modernen Systemlösungen die Fähigkeitslücken zu schließen.

wt:
Wie ist dieser immer mehr Fahrt aufnehmende Prozess der Nutzung besonders von UAVs zu verstehen?

Thomas Nützel:
Sie bestätigen in Ihrer Fragestellung einen Entwicklungsgang, der das Erscheinungsbild unserer Streitkräfte in den vor uns liegenden Jahren entscheidend verändern wird. Für die lückenlose Aufklärung in allen operativen Einsatzszenarien gelten UAVs schon heute als unverzichtbar. Taktische Drohnensysteme – ob Starrflügler wie unsere Skylark I-LEX oder unauffällig agierende VTOL-Drohnen wie unsere MAGNI – erfüllen eine wichtige Informations-, Warn- und Schutzfunktion für die Streitkräfte im Einsatz. Hierbei gilt: Mit leistungsfähiger Aufklärungssensorik ausgestattet eignen sie sich für Überwachungsaufgaben in urbanem Gelände oder können zur echtzeitnahen Lagefeststellung, Ziel- und Wirkungsanalyse, Überwachung geografisch begrenzter Räume und Aufklärung im elektromagnetischen Spektrum beitragen.

Starrflügler Skylark I-LEX

VTOL-Drohne Magni

E-Lynx Produktfamilie

Ich möchte auf die konsequente Weiterentwicklung unserer Skylark Familie hinweisen und unterstreichen, dass Bodenkräfte damit in die Lage versetzt werden, bei Tag und bei Nacht unentdeckt aus der Luft aufzuklären. Die Aufklärungsdaten können dann in Echtzeit über unsere E-LynX™-Funkgerätefamilie im Netz entsprechend verteilt werden („tactical routing“). Das macht diese Systemlösung zu einer entscheidenden Komponente für die Streitkräfte in der Bewegung, denn damit ist es letztlich möglich, den „Sensor-to-Shooter Cycle“ nachhaltig zu verkürzen. Darauf kommt es an.

wt:
Das Marktsegment Unbemannte Systeme wird in Deutschland und in Europa von einigen weiteren Anbietern bedient. Wie beurteilen Sie die Chancen Ihres Unternehmens in den kommenden Jahren, sich in diesem Umfeld mit Beauftragungen zu positionieren und mit eigenen innovativen Produkten und Dienstleistungen durchzusetzen?

Großdrohne Hermes 45.

Thomas Nützel:
Die Kompetenzen von Elbit Systems Deutschland im Bereich der unbemannten Systeme – von UAVs bis UGVs – sind unbestritten. Im Bereich der Starrflüglerdrohnen brauchen wir uns wirklich nicht zu verstecken: Unsere neueste Produktentwicklung Skylark I-LEX, die Bestandteil einer ganzen Familie von inzwischen einsatzerprobten Starrflüglerdrohnen ist, punktet besonders im Bereich der multispektralen Aufklärung, also der Ausstattung mit unterschiedlichen Kamerasystemen. Dies trifft auch auf unsere „Großdrohne“ Hermes 45 zu. Sie über zeugt durch ihre im Vergleich zu anderen Systemen lange Stehzeit im Einsatzraum von bis zu 22 Stunden. Tatsächlich ist die Präsenz vieler Anbieter auf dem umkämpften UAV Markt nicht von der Hand zu weisen. In Deutschland treten wir als ein Anbieter mit jahrelanger Erfahrung auf. Das können nur wenige von sich behaupten.

wt:
Beobachter der Szene sind sich sicher, UAVs werden auf längerfristige Sicht auch eine der Sonderrollen von maritimen Einsatzkräften, nämlich die Aufklärung und Überwachung gefährdeter küstennaher Seeräume, die den Einsatz von bemannten U-Booten verbieten, unterstützen. Sogar der Einsatz von U-Booten ist denkbar. Wie ist Ihre Einschätzung?

Thomas Nützel:
Das Angebot an UAVs von Elbit Systems Deutschland umfasst unterschiedliche autonom und teilautonom agierende VTOL Lösungen und Starrflügler für Aufklärung, Detektion und Wirkung in Aktionsradien von 10 bis 800 Kilometern. Den maritimen Einsatzraum betrachten wir in besonderer Weise. Denn, wie Sie richtig sagen, UAVs sind zu einem wichtigen Bestandteil im Umgang mit modernen Sicherheitsherausforderungen geworden. Sie werden auch in Zukunft an strategischer, taktischer und operationeller Bedeutung hinzugewinnen.

Es wäre aber fatal, wenn die Deutsche Marine nur in eine Richtung denkt. Die Korvette K130 ist von ihrem Design her dazu bestimmt, UAVs einzusetzen. Diese Fähigkeitsanforderung ist vertraglich festgeschrieben. In Ermangelung von hinreichenden Kapazitäten muss die Marine über Optionen nachdenken und den Fokus auf die Beschaffung von unterschiedlichen Drohnensystemen legen: Helikopter- und Starrflüglerdrohnen für Korvetten und Einsatzgruppenversorger, Unterwasserdrohnen (Unmanned Underwater Vehicles; UUVs) für U-Boote und maritime Spezialkräfte. Nur dadurch ist es ihr möglich, den künftigen maritimen Einsatzraum mit seinen nicht vorauszuberechnenden Bedrohungen zu adressieren.

Die Digitalisierung des Einsatzumfeldes spielt für maritime Streitkräfte dabei eine entscheidende Rolle. Neueste Technologien sollen die Reaktionsfähigkeit der Kräfte sowie deren Flexibilität und Interoperabilität verbessern. Das Zusammenwirken von Funkkommunikation, optischer und optronischer Aufklärung sowie bemannten und unbemannten Systemen sind zentrale Bestandteile zur Generierung von Informationsüberlegenheit für die eigenen Kräfte – besonders im maritimen Umfeld. Aufklärungsflugzeuge – ob bemannt oder unbemannt – gehören
zweifelslos dazu. Mit der Systemlösung Hermes 900 bietet Elbit Systems Deutschland eine unbemannte Plattform, die die Forderungen maritimer Einsatzkräfte im Weitbereich über lange Zeiträume gewährleistet.

Der Bedarf der Deutschen Marine für unbemannte Plattformen ist unbestritten. In besonderer Weise sind hier Anwendungen bei der Minenabwehr und bei der Aufklärung im Nahbereich zu betrachten. Für den skizzierten Bedarf offeriert Elbit Systems Deutschland die Seagull™-Drohne. Sie wurde bereits vor mehr als fünf Jahren für maritime Überwachungs- und Erkundungsaufgaben sowie für die U-Bootbekämpfung und Minenabwehr vorgestellt. Für den Bereich Minenabwehr stellte die Seagull-Drohne während der „Belgian North Sea MCM Trials 2017“ ihre Fähigkeit zur unbemannten Minenjagd bei einer Grenzwetterlage von 6-7 Beaufort Wind und Seegang 5-6 unter Beweis. Mit an Bord genommen werden kann unsere Starrflüglerdrohne Skylark-C, die auf der Wasseroberfläche landen kann. Zudem kann sie perfekt in den sich bei der Deutschen Marine abzeichnenden Bedarf eingebunden werden. Damit ergeben sich sehr interessante Möglichkeiten in einem multistatischen U-Jagdszenario nicht nur mehrerer Drohnen, sondern durchaus auch im Verbund mit bemannten Marineeinheiten.

Die Überwasserdrohne Seagull™ wurde als unauffällige, aber schlagkräftige Komponente maritimer Einsatzverbände in Küstengewässern entwickelt.

wt:
Nun ist ja der Bedarf an Drohnen – auch in der Phase des möglichen Zulaufs weiterer Systeme – sehr überschaubar. Wird Elbit Systems Deutschland sich hier mit einer Produktlösung einbringen?

Thomas Nützel:
Wir adressieren den maritimen Einsatzraum für unsere UAV- und USV-Lösungen. Eine U-Boot-gestartete Drohne gehört ganz gewiss dazu. Diese einst als dringender Bedarf genannte Fähigkeit führt bei uns in Ulm zu der Erkenntnis, dass wir alle technischen und technologischen Hebel in Gang setzen, um der Bundeswehr künftig eine realisierbare Produktlösung präsentieren zu können. Dank der Zugehörigkeit in einem international agierenden Konzern ist es für uns ein Anliegen, eben solche neuen Fähigkeiten zu bedienen. Dies soll natürlich auch ein Vorteil für die Bundeswehr sein.

So bieten wir im Bereich der maritim eisetzbaren Drohnen Lösungsmöglichkeiten an, die von ihren technischen Möglichkeiten her weltweit führend sind. Und das zu Preisen, die im Wettbewerb gut bestehen können. Gerade aber auch im Bereich der elektrooptischen Payloads sehen wir Potenzial beim deutschen Kunden. Das UAV-System Heron TP, das die Bundeswehr auswählte, wird mit solchen Nutzlasten ausgestattet die Anforderungen im Weitbereich erfüllen. Und hier möchten wir mit Spitzentechnologie dazu beitragen, dass auch die Marine mit bestmöglicher Ausrüstung ihren Dienst ausüben kann.

Zum Schluss möchte ich noch einmal betonen: Die Bundeswehr ist für Elbit Systems Deutschland der wichtigste Kunde. In Ulm und neuerdings auch in Koblenz und Berlin verfügen wir über speziell auf die Anforderungen der Bundeswehr ausgerichtete Vertriebsorganisationen und stehen als Ansprechpartner vor Ort zur Verfügung.

wt:
Herr Nützel, vielen Dank für das interessante Gespräch.

Über Thomas Nützel

Thomas Nützel, geboren am 6. Juli 1962, ist CEO von Elbit Systems Deutschland in Ulm. Zuvor war er Geschäftsführer der im Jahr 2020 umfirmierten TELEFUNKEN RACOMS GmbH. Nach dem Studium der Nachrichtentechnik in Coburg bekleidete er leitende Positionen bei Siemens Sicherheitstechnik (Unterschleißheim), Dornier (Friedrichshafen) und EADS (Ulm).

Mehr Informationen zu Thomas Nützel finden Sie im Handbuch der Bundeswehr und Verteidigungsindustrie 2020, Seite 702.